Klassen 7c und 7a „on Tour“ – auf den Spuren der Vergangenheit im Aktiven Museum Siegen

aktives-museum-7c[09.07.2013  B. Weiß, P. Schrei]  „Ein Museum besuchen?“ – Bei manchen Schülerinnen und Schüler führt diese Ankündigung nicht gerade zu großer Begeisterung. Ganz anders jedoch in der Klasse 7c. Im Deutschunterricht wurde die Lektüre „Der Junge im gestreiften Pyjama“ thematisiert. Das Buch handelt von dem neunjährigen Bruno, dessen Vater KZ-Aufseher in Auschwitz ist.

Bruno erlebt die Geschehnisse als Bewohner eines Konzentrationslagers „auf der anderen Seite des Zauns“ und freundet sich mit dem gleichaltrigen Schmuel an, der zu den Inhaftierten gehört. Nicht gerade leichte Kost für eine 7. Klasse, umso erstaunlicher und erfreulicher ist die Tatsache, dass sich die Schülerinnen und Schüler mit großem Interesse und Engagement der Lektüre sowie der Thematik widmeten. Zum Abschluss der unterrichtlichen Arbeit besuchte die Klasse gemeinsam mit Frau Henke und Frau Weiß das Aktive Museum in Siegen.

In einem überaus informativen, schülerzentrierten und interessanten Vortrag erklärte und veranschaulichte Klaus Dietermann vom Aktiven Museum den Schülerinnen und Schülern die Situation Siegens zur Zeit des Nationalsozialismus. Die zahlreichen Informationen zur jüdischen Gemeinde, die Gegenstände aus der damaligen Zeit, das Modell des Konzentrationslagers Auschwitz sowie die Tatsache, dass sich das Museum in einem Luftschutzbunker befindet, der 1941 errichtet wurde und dass sich auf dem Grundstück bis zur Zerstörung am 10. November 1938 die Synagoge befand, fesselten die Schülerinnen und Schüler und halfen nachhaltig, ihnen die Geschehnisse zu verdeutlichen.

Herr Dietermann berichtete, dass es auch jüdische Familien in Eiserfeld gab. Es waren die Familien von Sally Reiß und Siegmund Alexander, die beide Metzgereien besaßen. Sally Reiß wurde mit seiner Frau und seinen drei Kindern am 28. April 1942 nach Zamość in Polen deportiert und ermordet. Den Mitgliedern der Familie Alexander gelang die Flucht nach Detroit in den USA. Die Nachfahren der Alexanders besitzen dort noch heute einen großen Metzgereibetrieb.

Im Anschluss an die Führung im Museum besuchte die Klasse den Dicken Turm, die Stolpersteine in der Alten Poststraße, die Marienkirche sowie das Rathaus, wo Herr Dietermann den Schülerinnen und Schülern weitere Begebenheiten in der Stadt Siegen zur Zeit des Nationalsozialismus näherbrachte. Eindrucksvoll ist die Geschichte des Pfarrers der Marienkirche, Wilhelm Ochse, der sich gegen Hitler aussprach. Er veröffentlichte noch 1933 eine kleine Schrift mit dem Titel: „Christus, nicht Hitler“. Die Nazis warfen ihm vor, dass er zu politisch von der Kanzel predige. Auch vergaß er schon einmal die Fahne mit dem Hakenkreuz an seiner Kirche zu hissen. Von einem Sondergericht wurde Wilhelm Ochse zu neun Monaten Haft verurteilt, setzte jedoch auch nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis seine Tätigkeit gegen den Nationalsozialismus fort.

Nach einstündiger Führung folgte ein großes Lob von Herrn Dietermann, der von den Fragen und der Aufmerksamkeit unserer Schülerinnen und Schüler sehr begeistert war. Ein bewegender und informationsreicher Vormittag ging an dieser Stelle zu Ende.

Bericht der 7 a

Verstaubete Artefakte, Glasvitrinen mit alten Gegenständen, langwierige Führungen. Das verbinden viele Schülerinnen und Schüler mit einem Museumsbesuch. Das waren auch die ersten Gedanken bei den Schülern der Klasse 7a. Dass der Besuch im Aktiven Museum am 21. Juni alles andere als langweilig werden würde, konnten zum Zeitpunkt als der Besuch angekündigt wurde, die wenigsten ahnen. Schon einige Wochen zuvor begann die Klasse die Lektüre „Der Junge im gestreiften Pyjama“. Es ist die Geschichte des neunjährigen Bruno, der  Kontakt mit einem jüdischen Jungen aufnahm, der in Auschwitz gefangen gehalten wird. Brunos Vater ist der Lagerkommandant.

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Vor diesem Hintergrund stand nun der Besuch im Siegener Museum an, organisiert von den Lehrern Frau Schrei und Herr Brenke. Die erste Überraschung: Die Führung übernahm ein junger Student der Geschichte, der die Informationen sehr anschaulich an die Schüler und Schülerinnen weitergeben konnte. Besonders das Einbeziehen der Schülerinnen und Schüler kam gut an und weckte das Interesse.

Veranschaulicht wurde die Situation in Siegen zur Zeit des Nationalsozialismus. Hier gab es wie in den meisten deutschen Städten eine jüdische Gemeinde. Zu sehen waren alte Bilder der jüdischen  Häuser, Geschäfte und jüdische Gegenstände aus der damaligen Zeit. Bedrückend wirkte der Sträflingsanzug, der in einer Vitrine zu sehen war. Besonders beeindruckte das Modell des Konzentrationslagers Auschwitz. Hier konnte man in Miniatur sehen, unter welchen Umständen und in welchen Dimensionen die Inhaftierten jeden Tag ums Überleben kämpfen mussten.

Dass das Museum in einem ehemaligen Luftschutzbunker von 1941 untergebracht ist, verstärkt den Eindruck der damaligen Zeit. An dem Standort befand sich vor dem Bunkerbau die Synagoge der jüdischen Gemeinde, die am 10. November 1938 zerstört wurde.

Nach dem Besuch im Museum besuchte die Klasse den Dicken Turm. Dort war in Kriegszeiten eine Dienststelle eingerichtet, die Informationen über Flugbewegungen von Alliierten Flugverbänden sammelte und auswertete, damit die Siegener Bevölkerung rechtzeitig vor Luftangriffen gewarnt werden konnte. In der Poststraße wurde dann noch ein ehemaliges jüdisches Haus gezeigt, wo auch die Stolpersteine an die damaligen Hausbewohner erinnern sollen. Hinter der Marienkirche erfuhren die Schülerinnen und Schüler die Geschichte des damaligen Pfarrers der Marienkirche, Wilhelm Ochse, der sich gegen den National­sozialismus gewandt hatte und deshalb zu einer Haftstrafe verurteilt worden war. Die letzte Station war das Krönchencenter, dem ehemaligen Kaufhaus Tietz, dessen jüdische Besitzer von den Nationalsozialisten enteignet worden waren.

Trotz des schwierigen Themas waren die Schülerinnen und Schüler begeistert und können mit den erhaltenen Informationen nun die Orte in Siegen, an denen man oft täglich vorbei geht, mit anderen Augen sehen. Vielleicht bleibt der Besuch in Erinnerung, wie die Tatsache, dass die heute selbstverständlichen Werte wie Demokratie, Bürgerrechte und Freiheit vor nicht allzu langer Zeit auch in Siegen nicht existent waren.

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