Mit der 10 a auf der Wewelsburg und in Paderborn

clip_image002[5](mein, 19.6.2014) Eine Tagesfahrt am Ende der gemeinsamen Schulzeit – wohin fährt man am besten? Ins Phantasialand? In den Panoramapark? Zum Stadtbummel nach Köln oder Düsseldorf?
Von der 10 a kam in diesem Jahr ein ganz anderer Vorschlag:

„Wir fänden es gut, eine Gedenkstätte zu besuchen, zum Beispiel Weimar und Buchenwald!“

Nun, das überschreitet die Kapazitäten für eine Tagesfahrt erheblich, also nach Köln oder Dortmund?

Die Lehrerin erinnerte sich, dass sie in den 1960er Jahren in der Wewelsburg gearbeitet hat, dem einzigen Ort in Nordrhein-Westfalen, wo es während der Zeit des Nationalsozialismus ein eigenständiges Konzentrationslager gab. Niemand wollte damals daran erinnert werden, dass in Niederhagen Menschen geschunden und ermordet wurden, um die Burg auszubauen, niemand, dass sich in der Burg die Führungselite der SS versammelte. Selbst das Schild, welches noch 1969 anzeigte, wie viele Menschen dort umgekommen waren, verschwand bald für lange Zeit. Erst 1982 wurde eine erste Gedenkstätte im alten Wachgebäude der Burg eingerichtet. Jetzt ist der gesamte Ort in die Dokumentation eingebunden.

Ich fand den Besuch der Gedenkstätte sehr interessant, vor allem dass man Informationen über die Menschen erhalten hat und was sie dazu bewegt hat, so grausam zu werden. (Jan Robin)

In der Dauerausstellung erfährt man viel über die ideologischen Grundlagen der SS, aber auch über deren verbrecherische Konsequenzen. Dokumentiert wird auch das Leben der Täter. Wer weiß schon, dass der erste Lagerkommandant des Konzentrationslagers aus Siegen stammt und später das berüchtigte Lager Bergen – Belsen aufgebaut hat?

Nach dem Krieg diente das ehemalige Konzentrationslager dazu, Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten aufzunehmen, heute ist es zur Wohnsiedlung umgebaut. Für uns schien es unvorstellbar, dass das ehemalige Krematorium von Kindern als Spielplatz benutzt wurde. Außer einem Mahnmal auf dem Appellplatz erinnert nichts mehr an das Lager. Tief im Wald wird zurzeit der ehemalige Schießstand der SS wieder freigelegt, der nicht nur zu Schießübungen diente, sondern zugleich als Exekutionsort.

Die Führung und die Gruft, aber auch das gesamte Umfeld der Burg und der Gedenkstätte fand ich klasse, aber auf der anderen Seite ist es wirklich schrecklich, was sich dort ereignet hat. (Jan)

In der Wewelsburg selbst befindet sich neben einer Jugendherberge und dem Kreisheimatmuseum ein Teil der Gedenkstätte, nämlich der Nordturm mit der „Gruft“ und dem „Obergruppenführersaal“. Da es den Bewohnern des Dorfes zur Zeit der SS-Herrschaft auf der Burg verboten war, diese zu betreten, rankten sich viele Gerüchte um diese „Kultstätte“. Vor allem in den neunziger Jahren, aber auch bis heute, sind diese Räume leider auch ein Anziehungspunkt für Rechtsradikale. Wir erfuhren, dass man sich deshalb im Museum sehr viele Gedanken darüber macht, wie man solche Besucher mit der Geschichte konfrontiert und wie schwierig das in vielen Fällen ist.

Nicht nur Informationen über das, was vor mehr als 70 Jahren in der Wewelsburg und in Niederhagen geschehen ist, bewegten die Schüler. Auch die Erkenntnis, wie viel die Menschen damals wirklich gewusst haben und wie oft ganz normale Bürger aus der Umgebung in das Geschehen eingebunden waren, machte alle sehr nachdenklich.

Obgleich SS-Offiziere für die Ausbeutung und Ermordung der Menschen in den Konzentrationslagern, für die Massenmorde im Osten oder z.B. das Massaker in Oradour verantwortlich waren, führten die meisten nach dem Krieg genauso wie vor der Zeit des Nationalsozialismus ein ganz normales und unbehelligtes Leben. Heute noch sucht man nach den Tätern und stellt sie vor Gericht, auch wenn sie älter als 90 Jahre sind. Zuerst irritierte der Gedanke, so alte Menschen zu bestrafen, aber die Gründe dafür leuchteten allen ein.

Obwohl der Rundgang mit einer Fülle an Informationen verbunden war, blieben alle bis zum Schluss aufmerksam und interessiert.

clip_image004Im Anschluss an diese lehrreichen und nachdenklichen Stunden fuhr die Klasse nach Paderborn, um sich dort das historische Zentrum anzuschauen, aber auch das Erfahrene bei einem Spaziergang an der Pader noch ein wenig sacken zu lassen.

Etwas anstrengend wurde die Rückfahrt, weil über einen längeren Zeitraum die Klimaanlage des Busses ausfiel, aber am Schluss kamen alle „cool“, wohlbehalten und gut gelaunt wieder in Siegen an.

(mein)